Interview mit unserer Gemeinderätin Christine Dollinger

Das GR-Mandat macht Dir ganz offensichtlich grosse Freude. Kannst Du uns beschreiben, was daran so lässig ist?

«Als Gemeinderat hat man einen direkten Einblick in das Funktionieren eines Gemeinwesens und kann bei der Gestaltung Einfluss nehmen. Man lernt unheimlich viel über unterschiedlichste Gebiete, ist immer am Puls der Zeit, ist mit anderen Gemeinden im Kanton in verschiedenen Gremien vernetzt, wird herausgefordert, aber hat auch das Privileg mit anderen engagierten Persönlichkeiten im Team als Kollegialbehörde Lösungen zu erarbeiten und – nachdem diese die kritische Prüfung und gegebenenfalls Modifizierung des Einwohnerrats passiert haben – umzusetzen. Wichtig an diesem Amt ist auch, den Einwohnerinnen und Einwohnern von Reinach zuzuhören und den Puls der Bevölkerung zu spüren – dazu lohnt es sich an den unterschiedlichsten Anlässen präsent zu sein und sich an der Vielfalt unseres «Dorflebens» zu erfreuen».

Die finanzielle Situation Reinachs ist angespannt, der Steuerfuss muss erhöht werden, und es muss gespart werden. Dazu haben Gemeinderat und Verwaltung die Vorlage «Ergebnisverbesserung» ausgearbeitet. Diese soll helfen, die Finanzen Reinachs wieder ins Lot zu bringen. Die Vorlage wurde am 28.6. erstmals im Einwohnerrat beraten, die ersten Beschlüsse liegen vor. Wie beurteilst Du die Erfolgschancen? Wo kann Deiner Ansicht nach besser gespart werden, und wo sollte man dies unter keinen Umständen tun?

«Die finanzielle Situation in Reinach ist schon länger angespannt und wurde immer wieder – wie auch in der diesjährigen Rechnung – durch Einmaleffekte beschönigt. Leider haben wir ein strukturelles Defizit, d.h. unsere Ausgaben übersteigen die Einnahmen. Es stimmt, dass die grössten Ausgaben fremdbestimmt sind (z.B. durch übergeordnete Gesetzgebung), doch dies entbindet uns nicht von der Pflicht, bei den Ausgaben, die wir steuern können, etwas zu tun. Deshalb ist das Projekt «Ergebnisverbesserung» so wichtig. Der Gemeinderat hat – in Zusammenarbeit mit dem Einwohnerrat – alle Bereiche durchleuchten lassen und in der Vorlage die möglichen Ausgabenreduktionen aufgezeigt. Im Sinne einer «Opfersymmetrie» und auch, um nicht die eine Leistung gegen die andere auszuspielen (z.B. bei den Vereinen) wurde durchgängig die gleiche prozentuale Kürzung angewandt. In den zwei Vorlagen, die dem Einwohnerrat vorgelegt werden, wird aufgezeigt, was die Kürzungen für potentielle Folgen haben und es ist am Parlament, diese Folgen genau abzuwägen. Gerade beim zweiten Teil der Vorlage, der die Vereine betrifft, mit denen die Gemeinde Leistungsverträge besitzt, gilt es als SP genau hinzusehen. Vereine wie das Netzwerk, der Verein Phari oder die Betagtenhilfe erbringen niederschwellig und kostengünstig Leistungen, die, wenn sie wegfallen, vielleicht längerfristig mehr Sozialkosten verursachen. Auch Institutionen, die im Freizeitbereich angesiedelt sind, wie das Jugendhaus, das Café Paradiso oder auch die Gemeindebibliothek haben soziale Komponenten, Letztere indem sie die Lesefähigkeit fördert, die es braucht, um z.B. ein Abstimmungsbüchlein zu lesen, oder indem Kindern und Jugendlichen aus finanziell schwächeren Familien der kostengünstige Zugang zu Büchern und anderen Medien ermöglicht wird. Trotzdem ist es wichtig, nicht einfach bei allen Sparvorschlägen Nein zu sagen. Dass die SP das nicht macht, hat sie beim ersten Teil der Vorlage am 28.6. bewiesen. Auch die zweite Tranche der Steuererhöhung braucht es unbedingt, denn am erfolgversprechendsten ist eine Strategie, die sowohl auf der Einnahmen- wie auf der Ausgabenseite ansetzt. Dann sehe ich die Erfolgschancen für eine ausgeglichene Rechnung längerfristig als gut an».

Du bist bekannt dafür, dass Dein Arbeitstag mindestens 24 Std. hat. Woher nimmst Du die dafür nötige Energie, und wie schaffst Du die Work-Life Balance?

«Also ganz 24 Std. sind es nicht, aber ich glaube das Geheimnis liegt darin, dass mir die Arbeit Spass macht. Wenn man mit Herzblut dabei ist, sei es im politischen Amt oder im Beruf als Sekundarlehrerin, dann kommt ganz viel Energie zurück. Insofern ziehe ich gar nicht eine so strikte Linie zwischen «work» und «life» – mein Leben besteht aus den oben beschriebenen Tätigkeiten als Gemeinderätin, aus dem Unterrichten und Begleiten, Fördern und Fordern von Jugendlichen, der Vermittlung und dem Vorleben von Werten in Beruf und Familie, dem Erarbeiten von Konzepten und Lösungen etc. Das damit verbundene Gefühl der Selbstwirksamkeit ist ungeheuer stimulierend und das Gefühl, bei all dem ganz viel lernen und mich auch weiterentwickeln zu dürfen. Dazu Sport und Natur als Ausgleich und vor allem das Privileg einer Familie, in der wir uns gegenseitig unterstützen, einander erden und für einander da sind».

Vielen Dank für das Interview (Die Fragen stellte Markus)

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